Freitag, 15. Juni 2018

Wie dreiste Diebe mit fremder Musik Geld verdienen – Urheberrechtsansprüche bei YouTube

Als YouTuber ist es mir in der Vergangenheit öfter mal passiert, dass Jahre nach der Veröffentlichung eines Videos auf einmal Urheberrechtsansprüche wegen der Musik erhoben wurden. Das Video durfte weiterhin gezeigt werden, aber der Urheberrechtsinhaber schaltete bei YouTube Werbung und verdiente an den Aufrufen auf mein Video. Man spricht von Monetarisierung.

So weist YouTube Videokünstler auf vermeintliche Urheberrechtsverletzungen hin.

Wie kam es dazu? Ich verwendete Musik aus dem Free Music Archive. Auf dieser Website findet man unter anderem rechtefreie Musik, die man für YouTube-Videos nutzen darf. Aber nicht alle Tracks sind wirklich rechtefrei. Bei manchen überlegen sich die Urheber im Nachhinein, sie doch zu Geld zu machen. So melden sie ihre Tracks an das Content-ID-System von YouTube. Und wenn der Algorithmus von YouTube diese Musik in Videos findet, dann werden sie zugunsten des Anspruchstellers monetarisiert. Insgesamt ist das ja noch recht fair, schließlich bekommt der YouTuber lizenzkostenfrei Musik, mit der er sein Video bereichern kann. Dennoch wäre es besser gewesen, der Urheber hätte sich in seinen Nutzungsbedingungen von Anfang an deutlich das Recht auf Monetarisierung vorbehalten.

Richtig überrascht war ich aber Anfang des Monats, als mir [Merlin] Altafonte Music Distribution vorwarf, ich hätte in meinem Video ab 1:04 Minuten die von ihr verwaltete Tonaufnahme "maz-Buena Vibra" verwendet. Ich dürfe das zwar weiter tun, aber sie würde jetzt mein Video monetarisieren, also mit Werbung versehen und daran verdienen.


Ich kannte überhaupt keinen Track namens "Buena Vibra" und einen Interpreten namens maz auch nicht! Die von mir verwendete Musik ist das Stück "Cute" von Bensound, einem Künstler, der YouTubern erlaubt, die Stücke unverändert in ihren Videos zu verwenden, wenn sie die Quelle angeben, nämlich seine Website bensound.com.

Ich googelte nach dem Track von maz und wurde letzten Endes bei Spotify fündig. Dort gibt es einen Song "Buena Vibra" von diesem Interpreten.

Bei Spotify wurde der geklaute Song ebenfalls verbreitet.

Die ersten zweieinhalb Minuten lang fragte ich mich, was dieser Track mit "Cute" zu tun haben soll und wie YouTube das in meinem Video erkannt haben will. Doch dann fiel ich aus allen Wolken: Ab 2:30 lief in dem Track einfach Bensounds "Cute" in voller Länge. Ein 100%iges Sample sozusagen! Bensound habe ich darüber informiert. Er hatte das nicht gestattet.

Was war also passiert? Jemand hat ein fremdes Musikstück (oder vielleicht auch zwei; wer weiß, wo die ersten zweieinhalb Minuten her waren?) bei einem Anbieter namens CD Baby als eigenes vermarktet. CD Baby kümmert sich um die Verbreitung digitaler Musik in gängigen Portalen wie Amazon und Spotify und zieht hierfür die Tantiemen ein – offenbar auch über das Content-ID-System von YouTube.

CD Baby ermöglicht es Musikern, ihre Werke als Stream oder auch auf Vinyl oder CD zu vermarkten.

CD Baby war, als es vermeintliche Rechte der [Merlin] Altafonte Music Distribution geltend machte, sicherlich in dem guten Glauben, ich hätte das Musikstück von maz ungefragt in meinem Video verwendet. Tatsächlich hatte maz den aber dreist bei Bensound geklaut, um damit Geld zu verdienen.

In solchen Fällen sollte der betroffene YouTuber Einspruch bei YouTube einlegen und angeben, dass er eine Lizenz oder eine Erlaubnis für die Verwendung der Musik hat. Dann wird die Monetarisierung erst einmal ausgesetzt und der Anspruchsteller muss auf den Einspruch reagieren. Im vorliegenden Fall hat [Merlin] Altafonte Music Distribution seinen behaupteten Anspruch wieder fallengelassen.

Zur Nachahmung ist dieses Geschäftsmodell nicht empfohlen. Das Ganze hat nämlich nicht nur zivilrechtliche Folgen, sondern ist auch strafbar. CD Baby wird den Track von maz nun auf Wunsch von Bensound löschen lassen.
/TWA

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