Mittwoch, 19. Januar 2005

Gebührenerhöhung und mehr: Droht vielen Internetradios das Aus?

Hörfunk- und Fernsehsender, die Musik spielen wollen, müssen dafür bezahlen. Das ist nichts Neues, und das betrifft natürlich auch Internetradios. Dagegen ist ja auch grundsätzlich nichts einzuwenden: Wer sein Programm mit fremder Musik füllen möchte, darf den Rechteinhaber, also den Künstler, nicht leer ausgehen lassen. In Deutschland nimmt diesen Rechtsanspruch der Künstler auf Vergütung von im Rundfunk gesendeter Musik die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) wahr, kassiert die Vergütungen ein und leitet sie an die Künstler weiter. Wer also in seinem Internetradio Musik der von der GVL vertretenen Künstler spielen möchte, muß Verträge mit der GVL schließen, die vereinbarten Gebühren bezahlen und die Nutzungsbedingungen befolgen. Das Problem liegt nun darin, daß die GVL zum April 2005 eine Erhöhung der Gebühren, die für die Ausstrahlung von Musik zu zahlen sind, angekündigt hat. Zudem hat sie die Nutzungsbedingungen zuungunsten der Internetradiosender geändert.

Gezahlt werden muß unabhängig davon, ob es sich um einen kommerziellen Sender handelt oder nicht. Auch wer mit seinem Internetradio keinen Gewinn macht, sondern vielleicht sogar für das Hobby Radiomachen noch Geld auf den Tisch legt, muß Lizenzen bei der GVL einholen. Bisher richtete sich die Höhe der Lizenzgebühren bei Internetradios nach der Anzahl der Hörer, die maximal dieses Programm empfangen können. So zahlte nach Auskunft von gvl-protest.de ein Sender, dessen Server maximal 25 Radiohörer gleichzeitig versorgen konnte, jeweils 25 Euro monatlich an die GVL und an die GEMA, bei 250 Hörern jeweils 200 Euro.

Künftig sollen nun auch Internetradios pro Hörer und gespieltem Titel zahlen müssen, wobei nichtkommerzielle Sender weniger zahlen müssen als kommerzielle. Dazu kommen soll eine pauschale Mindestvergütung, die in jedem Fall zu zahlen ist, sowie Verwaltungsgebühren. Für viele kleine Internetradios bedeute dies laut gvl-protest.de dreimal höhere Kosten als bisher, für einige sogar zehnmal höhere Kosten. Viele Sender werden sich das nicht leisten können, insbesondere nicht die, die von einigen Hobbyradiomoderatoren betrieben werden.

Nicht nur die Gebühren will die GVL zum April 2005 ändern, sondern auch die Nutzungsbedingungen. Hier wird klar erkennbar, daß die Änderungen zugunsten der Musikindustrie vorgenommen werden sollen. Es dürfen nach den neuen Regelungen keine Programmvorschauen mehr veröffentlicht werden, in denen Songtitel genannt werden. Allenfalls darf angekündigt werden, daß innerhalb der nächsten Zeit, innerhalb eines nicht näher bestimmten Zeitrahmens, Musik von einem bestimmten Künstler laufen werde. Hiermit soll wohl verhindert werden, daß sich jemand auf das Mitschneiden eines Songs, der ihm gefällt, vorbereiten kann. Außerdem müssen, soweit dies nicht mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist, technische Vorkehrungen dafür getroffen werden, daß die Radiohörer das Programm, insbesondere die Musik, nicht mitschneiden können. Statt dessen aber sollen Informationen über Titel und Interpret der gespielten Musik gesendet werden, so daß sie im Player des Hörers angezeigt werden können. Das soll dem Hörer wohl das Wiederfinden der Musik im Plattenladen erleichtern. Des weiteren dürfen die Sender künftig innerhalb von drei Stunden nicht mehr als drei verschiedene Titel von einem bestimmten Album spielen und nicht mehr als vier verschiedene Titel eines bestimmten Künstlers oder einer Compilation spielen, davon nicht mehr als drei aufeinanderfolgend, außerdem dürfen nicht mehr als zwei verschiedene Titel von einem bestimmten Album hintereinander gespielt werden. Spezialsendungen über bestimmte Künstler werden damit kaum mehr möglich sein. Es sieht so aus, als sollen hier die Sender dazu gezwungen werden, eine breite Palette des Musikangebots zu bewerben.

Die neuen Nutzungsbedingungen sollen nach meinem Eindruck die Internetradiosender zum Marketinginstrument der Musikindustrie machen. Dabei sollen sie dann auch noch höhere Lizenzgebühren als bisher entrichten. Um gegen diese Entwicklung zu protestieren, die aus finanziellen Gründen das Aus vieler Internetradios bedeuten würde, wurde von RMNradio, einem der führenden Internetradiosender Deutschlands, und seinen Partnern, neben anderen Radio Megastar, die Website gvl-protest.de ins Leben gerufen. Hier gibt es ausführlichere Informationen zu den neuen Konditionen der Lizenzierung durch die GVL, und es wird der Protest gebündelt, in Form eines Protestgästebuches und einer Protestliste. Damit die Aktion Erfolg haben kann, ist wichtig, die Öffentlichkeit auf dieses Problem aufmerksam zu machen. coverinfo.de wollte mit diesem Artikel einen Beitrag dazu leisten.



Thomas Wagner

Montag, 10. Januar 2005

Jahresrückblick 2004

2004 ist vorbei, und wie jedes Jahr fragt man sich, was eigentlich passiert ist. Viel Schlechtes, wenig Gutes und eine Menge uninteressantes Zeug.

Aber was hat sich im Bereich Musik getan? Im Vergleich zum letzten Jahr wohl einiges Positives. Die meisten Menschen finden Handyklingelton-Werbung à la Jamba wohl extrem nervig, aber immerhin sieht die Musikindustrie wieder Licht am Ende des Tunnels, denn schließlich geht ein nicht geringer Teil, von manchmal bis zu 50 %, an die MP3-geschädigten Plattenfirmen. In Zeiten, wo vermeintliche Stars, wie Ronan Keating, mit ganzen 214 verkauften Exemplaren deutschlandweit den Eintritt in die Albumcharts schaffen, ist jede Einnahmequelle, auch wenn es anscheinend auf Kosten der Qualität geht, recht. Schließlich muß ja auch das neue deutsche Musikbewußtsein finanziert und auf CDs gebannt werden. Allerdings nicht für die u. a. von Altrocker Udo Lindenberg geforderte deutsche Quote, bei der ein bestimmter Teil aller im Radio und Fernsehen gespielten Titel in deutscher Sprache sein muß, sondern für Bands wie Wir sind Helden, Oomph! und Rosenstolz, die schon seit geraumer Zeit Musik machen, aber erst jetzt Popularität erlangt haben. Geschlagene 23 deutsche Titel haben es in die Top 100 von 2004 geschafft, was prozentual gesehen einer Quote schon recht nahe kommt. Im Vergleich zu 2003 sind es neun Titel mehr.

Abgesehen von diesen statistischen Erhebungen, werden uns die Charts lange im Gedächtnis bleiben, denn das Lied über die "Lindenblüten-Liebe" und vermutlich der erste rumänisch gesungene Titel, der jemals die Top 100 erreichte, ist europaweit unangefochten die Nummer 1 der Charts. Die Rede ist von "Dragostea Din Tei". O-Zone veröffentlichte den Titel bereits 2003, aber keine Plattenfirma wollte ihn in Westeuropa vermarkten, da die Befürchtung bestand, die rumänische Sprache könnte die Hörer abschrecken und der Song ein Flop werden. 2004 veröffentlichte Haiducii eine Cover-Version in Italien, die erfolgreich verkauft wurde. Deshalb startet man den Versuch, das Lied auch in Deutschland zu vermarkten. Fazit ist ein Platz 1 für O-Zone und ein Platz 9 für Haiducii in den ewigen deutschen Single-Verkaufscharts 2004 (hier in den News vom 11.07.2004 noch mal genauer nachzulesen).

Der zweite Titel, der für Furore sorgte, war "Lebt denn dr alte Holzmichl noch ...?" von De Randfichten. Die Nation ist gespalten. Der eine Teil liebt ihn, der andere haßt ihn. Trotzdem steuert die Cover-Version eines alten Volksliedes auf die magische Grenze von 52 Wochen Top 100 zu! In den Jahrescharts hat es zu einem guten 2. Platz gereicht.

Für alle, die VIVA mochten, wird 2004 eine Welt zusammengebrochen sein, denn MTV hat sich den ersten deutschen Musiksender einverleibt. VIVA PLUS wurde ganz gestrichen und VIVA verliert aus Kostengründen seine ganzen Eigenproduktionen wie "Sarah Kuttner - Die Show", "Interaktiv" oder "Fast Forward", und anstatt den gar nicht mehr so lebendigen Sender in letzter Würde Musikvideos spielen zu lassen, kommen zur Hauptsendezeit alte "Big Brother"-Wiederholungen.

Was erwartet uns im Jahr 2005 neben Schnappi, dem kleinen Krokodil, noch? Zumindest können wir von coverinfo.de mit Sicherheit sagen, daß uns die Arbeit nicht ausgehen wird.
In diesem Sinne wünschen alle Redakteure den Besuchern ein erfolgreiches Jahr 2005.

Falko "Frab" Rickmeyer