Donnerstag, 26. Januar 2006

coverinfo.de-Jahresbericht 2005

Das Jahr 2005 ist vorbei und wie jedes Jahr ist einiges passiert. Viel Schlechtes, wenig Gutes und unglaublich viel Uninteressantes. Auch für diesen Bericht stellt sich eine gewisse Regelmäßigkeit ein.
 
Als Highlight 2005 kann man ohne Übertreibung das Überschreiten der 100.000-Einträge-Marke bei coverinfo.de sehen. Dies ist aber kein Grund sich auszuruhen. Schon befinden sich wieder zusätzlich 6000 Einträge in der Datenbank.
 
Musikalisch blieb es ruhig. Schon Ende des letzten Jahres etablierte sich Schnappi mit "Schnappi, das kleine Krokodil" in den Charts und schaffte es 2005 an die Spitze der meistverkauften Singles. Das Stück von Iris Gruttmann und Rosita Blissenbacher, noch naiv, kindlich gesungen von Joy Gruttmann, war eigentlich nur als Kinderlied gedacht, doch durch die zufällige Verbreitung im Internet, gelangte es zu enormer Popularität. Schließlich sicherte sich Universal die Vermarktungsrechte an dem Song und macht ihn zu einem weltweiten Hit. Die Betreiber der Internetseiten, die den Song eigentlich erst bekannt gemacht hatten, bekamen eine Abmahnung, die sie 500 EUR ärmer machte.
 
Ähnlich erging es auch diversen deutschen Lyrics-Seiten. Da Musiktexte urheberrechtlich geschützt sind, darf man sie nicht, ohne eine entsprechende Verwertungsgebühr entrichtet zu haben, irgendwo anbieten (siehe auch http://www.heise.de/newsticker/meldung/58666).
 
Insgesamt schafften es vier deutschsprachige Titel in die Top 10 der Jahrescharts. Ein durchaus beachtliches Ergebnis, da es in den letzten Jahren im Schnitt nur zwei Titel waren. In den gesamten Top 100 war jedes vierte Lied wenigstens teilweise deutschsprachig.
 
Nachdem 2003 die "Castingstars" ihren Zenit erreicht hatten, hält der negative Trend, der sich 2004 schon bemerkbar machte, weiter an. So manch einer wird sich sagen: "Zum Glück!"
 
So schafften es 2005 nur Nu Pagadi mit "Sweetest Poison" und US5 mit "Maria" in die Top 25. Die zweite US5-Single "Just Because Of You" kam auf Platz 67. Nu Pagadi, die erst Ende 2004 gegründet worden sind, werden uns 2006 aber nicht mehr beglücken. Die Retortenband löste sich bereits im September auf.
 
Allerdings ist Dieter Bohlens Einwegstar-Produktion wieder angelaufen. Die dritte Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" startete im November. Nachdem die erste ein durchschlagender Erfolg war und mehr oder weniger populäre "Interpreten", wie Alexander Klaws und Daniel Kübelbock hervorbrachte, muss, nachdem Elli aus der zweiten Staffel ein Flop war, wieder ein "Superstar" her. Ansonsten kann es sein, dass "DSDS" 2006 das letzte Mal über den Bildschirm flimmert.
 
Der kommerzielle Coup des Jahres gelang wohl dem Produzententeam von Tokio Hotel. Ein Blick auf die Urheber verrät eigentlich schnell, dass Bill und Anhang wenig mit "Durch den Monsun" zu tun haben. Für viele junge, meist weibliche, Menschen sind sie trotzdem zu Idolen geworden, womit sie Platz 2 der Jahrescharts erreichten. Die Nachfolgesingle "Schrei" konnte sich zwar kurzzeitig in den Top 10 etablieren, aber war doch nur was für eingefleischte Fans. Ob man 2006 noch etwas von den Jungs hört, bleibt fraglich.
 
Flop des Jahres war wohl Gracia mit "Run And Hide". Die ausgemusterte "Deutschland sucht den Superstar"-Kandidatin wurde mit Hilfe von Chartmanipulationen zum "Eurovision Song Contest" geschickt und belegte, zu Recht, den letzten Platz. Produzent David Brandes war es wohl egal. Er hatte noch ein zweites Eisen im Feuer und belegte mit Vanilla Ninja, die für die Schweiz antraten, Platz 8.
 
Den Sommerhit 2005 hatte Juanes mit "La Camisa negra". Es war aber nicht zu erwarten, dass irgendein Song an den Erfolg von O-Zone aus dem vorletzten Jahr hätte anknüpfen können. In Sachen Popularität spielen die beiden Titel in verschiedenen Ligen.
 
Die Krawallmacher von Aggro Berlin konnten im Vergleich zu 2004 noch einen drauflegen. Nach Sidos "Mein Block" auf Platz 51 2004 waren es 2005 DJ Tomekk feat. Fler & G-Hot mit "Jump Jump" auf 45 und Fler mit "NDW 2005" auf der 49. Die Alben verkauften sich auch bestens.
 
Die Krone für die schlechteste und wirklich unnötigste Cover-Version bekommt Jessica Simpson. Sie vergriff sich an "These Boots Are Made For Walkin'" – dem Klassiker von Nancy Sinatra aus dem Jahre 1966. In der Datenbank nur ein Eintrag von über 50 Cover-Versionen, in einer Interpretation, die die Bezeichnung Interpretation eigentlich gar nicht verdient hat. Gereicht hat es zum Glück nur für Platz 98.
 
Wer sich fragt, warum der Crazy Frog nicht diesen Titel für "Axel F" gewann, dem sei gesagt, dass diese Version, doch eigentlich nichts Besonderes darstellt. Klingelton hin oder her, hört es sich doch wie jede zweite Cover-Version des Harold-Faltermeyer-Originals an. Vielleicht mit dem Unterschied, dass die meisten anderen Versionen etwas besser produziert sind. Das Stück kam trotz des weltweiten Erfolges auch "nur" auf Platz 28.
 
Ein viel größeres Damoklesschwert baumelt in Form von Chipz, Banaroo und Schnappi über uns. Nachdem "Schnappi, das kleine Krokodil" noch ein guter Song war, lässt sich die Qualität der Schnappi-Nachfolgesingles, "Chipz In Black" und "Dubi Dam Dam" doch ernsthaft anzweifeln. Anscheinend scheint die Industrie die Kaufkraft von Kindern entdeckt zu haben. Die Älteren halten sich an VIVA und MTV und die Kleinen werden bei Super RTL mit Musik versorgt. Auffällig ist, dass die jeweils die zweite Single von Banaroo und Chipz "Space Cowboy" bzw. einfach "Cowboy" hieß. Insgesamt gesehen ergibt sich ein sehr beunruhigendes Bild. Dass uns 2006 ein Monsun von Kinderliedern überkommt, bleibt nicht zu hoffen.
 
Nicht mehr unter uns weilt, neben vielen anderen, der Frontmann des Kölner Eurodance-Projekts Captain Jack. Franky Gee starb am 22. Oktober 2005 an einem Schlaganfall. Vor allem in den Jahren 1995/96 erlangte er mit Liedern wie "Captain Jack", "Drill Instructor" und "Soldier, Soldier" Popularität. Alle späteren Singles konnten nicht mehr an diese Erfolge anknüpfen.
 
Einen schlechten Einstieg in das Jahr 2006 lieferte der Tod von Markus Löffel, besser bekannt als Mark Spoon. Die eine Hälfte von Jam & Spoon starb am 11. Januar im Alter von 39 Jahren an Herzversagen.
 
coverinfo.de wird vermutlich die 125.000 Einträge schaffen. Die Industrie und manchmal auch echte Musiker liefern uns zum Glück genug Material. Somit solle man durchaus positiv in die Zukunft auf ein gutes Jahr 2006 blicken.
 
Falko "Frab" Rickmeyer