Donnerstag, 20. November 2008

Bundesgerichtshof entscheidet über Sampling

Ausweislich seiner Pressemitteilung Nr. 214/2008 hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute ein Urteil (Az.: I ZR 112/06) über Sampling gesprochen. Es geht um den Song "Nur mir" von Sabrina Setlur aus dem Jahre 1997, der ein ca. zweisekündiges Sample aus dem 20 Jahre älteren Stück "Metall auf Metall" von Kraftwerk als Loop, d. h. immer wiederkehrend, verwendet.

Kraftwerk werfen Sabrina Setlur vor, in ihr Tonträgerherstellerrecht aus § 85 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) eingegriffen zu haben. Danach hat der Hersteller eines Tonträgers das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Die Bestimmung des § 85 Abs. 1 UrhG schützt nach Auffassung des BGH die zur Festlegung der Tonfolge auf dem Tonträger erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers. Diese Leistung erbringe der Hersteller für den gesamten Tonträger, so dass jeder Teil des Tonträgers und somit jedes noch so kurze Sample geschützt sei.

Jedoch gibt es nach § 24 Abs. 1 UrhG ein Recht zur freien Benutzung. Dort ist geregelt: "Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden." Doch gilt dies gemäß Abs. 2 "nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird". Eine Melodie hat Sabrina Setlur mit ihrem kurzen Sample jedoch nicht übernommen.

Nach § 24 Abs. 1 UrhG kann nach Auffassung des BGH auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tonfolge einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist.
Das Gericht schränkt diese Aussage aber wieder wie folgt ein: Wenn derjenige, der die auf dem fremden Tonträger befindlichen Töne oder Klänge benutzen will, befähigt und befugt ist, diese selbst einzuspielen, dann darf er sie nicht sampeln, denn dann fehlt es an einer Rechtfertigung für die Übernahme der unternehmerischen Leistung des Tonträgerherstellers.

Damit ist zu dem konkreten Fall Kraftwerk gegen Sabrina Setlur noch nichts gesagt. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob sich Sabrina Setlur im Rahmen des Rechts zur freien Benutzung bewegt hat. Der BGH hat daher das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und an dieses Gericht zurückverwiesen, damit es dieser Frage unter Zugrundelegung der Erkenntnisse des heutigen BGH-Urteils nachgehen kann.

Thomas Wagner 

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